Um mal wieder ein paar etwas kontroverse Fragen zu stellen:
wenn man sich die letzten 3 oder 4 Seiten News hier auf der Webseite so ansieht, dann bestehen die (mit Ausnahme des langen Buchkapitels) zu einem großen Teil aus kurzen Beiträgen mit diversen Audio- und Youtube-Links. Was ich persönlich vermisse, sind längere und individuelle Beiträge, z.B. mit Retrogedanken, konkreten Artikeln oder Kritiken, die aus mehr als ein paar einleitenden Infozeilen und einem Media-Link bestehen. Kurz gesagt: Beiträge mit mehr Worten und individuellem Touch des Schreibers und nicht nur als kurze Überleitung zum sogenannten „zeitgemäßen“ media stream. Letztere führen IMO nur zu wenigen Kommentaren bzw. verlagert sich jede Form von Diskussion eher in Richtung von standardisierten Plattformen, die für mich persönlich mit einem echten (kritischen/non-kommerziellen) Retrogedanken nur sehr wenig zu tun haben.
Weiterführend könnte man sich natürlich die Frage stellen, warum heutzutage Retro-Gedanken überhaupt so deutlich fast nur noch über Standardformate und Standardkanäle übermittelt werden. Sollte man für Retro-Themen nicht auch bisweilen die passende „Verpackung“ haben? Wer keinerlei Möglichkeiten für Kanäle wie youtube, podcast, Web 2.0, Facebook-„Pflicht“ und sonstige up-to-date-Gepflogenheiten hat, bleibt schnell außen vor. Wobei die Retro-Webseite durch ihre topmoderne Gestaltung sowieso jeden Anwender älterer Browser aussperrt, da hilft auch kein pocketproxy mehr (wobei es den unter http://de.pocketproxy.com sowieso nicht mehr zu geben scheint).
Nun kann es natürlich sein, daß das alles nur mich betrifft. Dennoch würden mich ein paar Meinungen und Gedanken dazu interessieren.
Schwieriges Thema, ich denke die hohe Zahl der Audio- und Youtube links ist der Tatsache geschuldet, dass es die halt in hoher Zahl gibt, weil „Retro“(-gaming) Teil der Mainstreamkultur geworden ist. Chiptunes und Bitmapgrafiken sind mittlerweile so sehr in die Struktur der Popkultur eingewebt, dass sie auch von Menschen erkannt werden, die nicht originär wissen wo diese Techniken herkommen.
Das führt dann automatisch dazu, dass die „Retro-Kultur“ (wenn man denn sagt, das es eine Solche gibt) Teil der kommerziellen Popverwertung wird, der nächste Disney-Film ist da sicherlich ein gutes Beispiel, denn ich gehe davon aus, dass ein guter Teil der Zuschauer niemals vor einem Arcade-Cabinet gestanden hat, geschweige dann jemals ein Automatenspiel der frühen 1980er gespielt hat. Trotzdem ist Dokey Kong mit seiner Grafik Teil des kulturellen Allgemeinguts geworden.
Inwieweit und wie die Website da eine Gegenkraft bilden kann (und ob sie das überhaupt soll) weiß ich natürlich auch nicht, ich denke nur, dass diese Standardformate etwas sind, an das man sich künftig wird gewöhnen müssen.
Die Zeit, in der man davon ausgehen konnte einen Gleichgesinnten mit ähnlichem biographischen Hintergrund und vergleichbarem Erfahrungshorizont vor sich zu haben, nur weil er die Moonpatrol Musik vor sich hinsummte, sind wohl für immer vorbei.
„Um mal wieder ein paar etwas kontroverse Fragen zu stellen“
Bei dir weiß man immerhin, daß diese Fragen ernst gemeint sind und nicht – wie bei vielen anderen (anonymen) Nicht-Autoren – nur reine Provokation. Deshalb antworte ich auch gerne ;-)
„Was ich persönlich vermisse, sind längere und individuelle Beiträge, z.B. mit Retrogedanken, konkreten Artikeln oder Kritiken, die aus mehr als ein paar einleitenden Infozeilen und einem Media-Link bestehen. Kurz gesagt: Beiträge mit mehr Worten und individuellem Touch des Schreibers und nicht nur als kurze Überleitung zum sogenannten „zeitgemäßen“ media stream.“
Das ist nachvollziehbar, aber nach allem, was ich sagen kann, liegt dies an allen möglichen Umständen – nur nicht an der Website. Individuelle Gedanken brauchen Zeit und die ist (auch bei vielen Autoren) knapp. Sie brauchen eine gute Gelegenheit – und geboten werden heute eben aufgrund der hohen Nutzerzahlen viele Anknüpfungen an YouTube, Facebook und Co.
„Weiterführend könnte man sich natürlich die Frage stellen, warum heutzutage Retro-Gedanken überhaupt so deutlich fast nur noch über Standardformate und Standardkanäle übermittelt werden.“
Weil sie so mächtig sind. Weil die Menschen lieber einen Kanal für alles anstatt viele Kanäle für nur wenige Gelegenheiten haben. Weil der Übersprung von „normalen“ zu z.B. Retrothemen dann leichter ist. Ich beäuge die Verschiebung von Internet-Services (WWW/HTTP, FTP, IRC, …) zu Anbietern (Google, Twitter, Facebook) bekanntlich auch sehr kritisch, aber die RETRO-Website ist kein wissenschaftliches Projekt, sondern Teil einer Unternehmung. Wenn wir ausbrechen und nicht auch den Zugang zu den üblichen Kanälen bieten, sind wir raus. Das kann man genauso kritisieren wie die wenigen Elektroautoangebote, die in vielen Fällen deutlich weniger Schadstoffe ausstoßen als Verbrennungsmotor-PKWs, aber auch der einzelne PKW-Käufer kann nicht gleich den Markt von heute auf morgen durch seine Kaufentscheidung umwälzen. Unser Weg ist deshalb: soviel Auswahl wie möglich. Zugang zu YouTube, Facebook, aber auch ein eigenes (aber wie man sieht nur wenig genutztes) Forum, eine (wiederum sehr gut angenommene) Kommentarspalte, viel Crossposting (man muß also keineswegs Mitglied von Facebook sein, um hier News zu sehen – was schon kein Regelfall mehr ist in Zeiten, in denen viele Unternehmen auf Websites ganz verzichten und nur noch eine Unternehmensseite unterhalb von facebook.com bieten) usw.
Für Proxy-Ideen bin ich natürlich immer offen, aber: sie dürfen (auch in diesem Falle) nichts kosten … so ist das nun mal …
Nach meiner Meinung steht man beim Thema „Retro“ automatisch auf verlorenen Posten, wenn es darum geht, es allen recht machen zu wollen. Ich persönlich sehe mich als äußerst rückwärts gewandt wenn es um Spiele- und Rechnerkultur geht, aber ich habe im Laufe der Jahre aufgehört, die alte und die neue Welt als unvereinbar zu empfinden. Sicher, so genannte „soziale Netzwerke“ wie Gesichtsbuch, Zwitscherer usw. sind nichts weiter als riesige Sammelbecken fürs Marketing. Das man dabei sein MUSS, ist nichts weiter, als der selbst auferlegte Zwang, der uns in einem kapitalistischen System permanent umgibt. Diesen tief eingegrabenen Weg zu verlassen, kann jedoch genau den Schub bringen, um aus der Masse herauszustechen. Man muß es „nur“ schick und geschickt verpacken und entsprechend veröffentlichen.
Jedoch bringt es meiner Meinung nach nichts, wenn man beispielsweise neue Browser ignoriert. Genau genommen gab es bis Mitte der 90er kein Internet in Deutschland, zumindest nicht auf breiter Basis, also müsste man konsequenterweise wieder zurück zu BTX und Mailboxen gehen oder gar ganz aufs Onlineleben verzichten. Hier läuft man also sehr schnell Gefahr, „unter“ das Ziel hinaus zu schießen.
Ich finde auch, dass diese Seite ein wenig an tiefgehenden Inhalten krankt. Dazu kommt die äußerst dünne Kommentardecke, die auch mich immer wieder daran hindert, aktiver zu werden. Letztlich bin ich also auch der Meinung, dass interessantere Themen mehr Nutzer locken wird, sich mit Kommentaren einzubringen.