Dieses Wochenende hatte ich mich wieder verstärkt mit meinem guten alten Schneider EuroPC beschäftigt. Der ist trotz (oder gerade wegen) aller Schwächen im Grunde eigentlich ein sehr elegantes System. Setzten Atari und Commodore im Bezug auf IBM-Kompatibilität auf aufwendige Sidecar-Lösungen, steckten die Leute von Schneider 1988/89 einfach ein Board mit Intel-Prozessor in ein nett designtes Homecomputergehäuse, inklusive fest eingebautem 3,5″-Laufwerk für 720 KB und optionaler 20-MB-Festplatte extern.

Um PC-Technik zu Homecomputer-Preisen anbieten zu können, waren natürlich gewisse Abstriche nötig. Der Intel-Prozessor auf dem Board ist ein 8088er und damit technologisch gesehen Baujahr 1979, auch der monochrome Hercules-Grafikstandard mit seinen einfarbigen 720×348 Pixeln Auflösung stammt vom Anfang der 80er. Es sind aber gerade diese Schwächen, die das Gerät so sympathisch machen. Auf dem Markt konnte er sich allerdings kaum mehr etablieren, denn das Tastaturgehäuse schränkte die Erweiterungsfähigkeit stark ein und zum Anfang der 90er hatte sich bei PC-Anwendern bereits die unschöne Mentalität etabliert, daß nur Auf- und Nachrüsten der einzig gangbare Weg wäre.

Das Wunderbare am EuroPC ist IMO, daß er auch im PC-Bereich quasi die reine Lehre zum Thema „Think Kilobyte“ darstellt. Er ist also auch in diesem Sinn eher Homecomputer, als Intel-Kiste. Selbst beim Arbeiten mit meinem 386SX25 stelle ich doch fest, daß man bisweilen sehr leicht in ein dezentes Megabyte-Denken gerät. Da passen auf eine Diskette gleich 1,44 MB, ein bißchen als zip gepackt und gesplittet installiert man dann gerne mal 7 oder 8 Megabyte große Programme. Und wenn man es sich ganz bequem machen will, hängt man ihm einfach ein flinkes 4-fach-Speed-CD-ROM dran. Das ist zwar zum Glück immer noch weit entfernt von der Beliebigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber Gigabyte und Terabyte und 12.000 entstofflichten Musikstücken im unpersönlichen Rechner, die uns das 21. Jahrhundert gebracht haben, aber jedes Problem hat seine Wurzeln.

Auf dem EuroPC muß man gänzlich umdenken. Auf eine DD-Diskette passen 720 Kilobyte. Packen oder splitten ist nicht, denn ohne Festplatte müssen alle Programme direkt einlesbar sein – inklusive DOS 6.20 von Bootdiskette. Der Arbeitsspeicher ist 512 Kilobyte groß, mit geladenem DOS bleiben davon 454 KB übrig. Das Problem der 640-KB-Grenze stellt sich somit gar nicht ;-). Der Prozessor läuft bereits im XT-Doublespeed-Modus und das bedeutet, daß er neben seinen Busbreiten-Beschränkungen exakt 9,54 Mhz zur Verfügung hat. Farblich kann er nicht mit glänzenden 256 Farben protzen wie ein 386er, es muß eine einzige Farbe ausreichen, in meinem Fall Bernstein-Orange. Was tun? Abwinken und aufrüsten? Oder sich auf die Suche nach dem Universum machen, daß in dem Rechner und seiner Philosophie steckt?

Nebenher habe ich ein wenig Software und Spiele durchprobiert, unter anderem habe ich jetzt auf Disketten „Karateka“, „Wings of Fury“ und „The Train“ hereinbekommen. Die laufen alle monochrom und zur Not gibt es ja auch noch CGA-Emulatoren. Das Hauptgewicht der Versuche am Wochenende ging aber in eine andere Richtung: ich wollte die Fähigkeiten des Rechners zur Bilddarstellung ein wenig erforschen. Da gibt es ja nette, menügesteuerte DOS-Programme, die mit so ziemlich jeder Hardware laufen und gifs, jpgs etc. darstellen. Ich hatte mir für die Versuche ein paar Anime-Bildchen zurechtgelegt. Die haben den Vorteil, daß die Konturen recht deutlich und die Figuren relativ abstrahiert sind. Auf der anderen Seite kommen solche Bilder im modernen Web gerne in den dicksten HD-Auflösungen daher, mit voller Farbtiefe und überladen mit Details.

Ein monochromer Grafikstandard kann nur eine Farbe darstellen und diese auch nur stets in der selben Helligkeit. Alle Konturen, Schattierungen, Bildnuancen etc. müssen also in Muster umgerechnet werden, die aus einer gewissen Entfernung dann die Illusion von Konturen und Schattierungen erwecken. Und es ist immer wieder interessant, zu beobachten, wie ein Endresultat aussieht. In gewisser Weise wird das Bild dadurch in eine eigene, monochrome Kunstform transformiert, die sich aus den Beschränkungen des Rechners ergibt. Natürlich muß man 2 – 3 Minuten Rechenzeit inklusive des zeilenweisen Aufbaus einkalkulieren. Bei gif ist der Datenstrom vom Laufwerk kontinuierlich, bei jpg macht er alle paar Bildzeilen eine Pause, um die nächsten paar Bildzeilen zu entpacken. Aber dafür kann man ihm nicht böse sein, es ist vielmehr faszinierend, wie er die Sache angeht.

Im Folgenden ein paar Beispiele für Anime-Bildchen, geschickt durch den authentischen Zeitfilter eines Grafikstandards Baujahr 1982 auf einem Prozessor Baujahr 1979, das Ganze direkt von einem 12″-Monochrom-Monitor Marke Schneider abfotografiert:

Außerdem habe ich endlich wieder den C64-Emulator gefunden, der auch monochrom und mit weniger als 10 Mhz bedienbar läuft. Hier noch ein nettes Bild vom C64 emuliert auf XT:

Den Emulator gibt es übrigens hier (er läuft aber nur mit Monochrom-Rechnern). Das dürfte der allererste C64-Emulator für DOS überhaupt sein, die c64.exe hat ein Datum von 1989. Leider ist er nicht besonders ausgereift, aber ich finde die niedrigen Anforderungen interessant.

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Von Chris Pfeiler

on allen Retro-Schreibern bin ich wohl derjenige, der das Thema am Persönlichsten vertritt. Ich habe privat keinen digitalen Lifestyle im modernen Stil, also kein Handy, iKram oder aktuelle Rechner. Viele Leute finden das zum Haareraufen und würden mich gerne „missionieren“, ich finde aber, daß einem ein sog. veraltet-analoger Lebensstil viele Ideen und Perspektiven vermitteln kann.

2 Gedanken zu „Monochrome XT-Kunst“
  1. Schön zu lesen, daß es noch ein paar aktive Geräte gibt. Ich muss mir bei Gelegenheit nun doch mal die externe 20-MB-HD besorgen, dann müsste man weniger Disketten wechseln ;-). Da hätte ich übrigens gleich wieder ein Thema für einen Retro-Magazin-Artikel: „PC-Spiele vor der VGA-Ära“ oder generell HGC-Spiele. Gibt ja mehr als genug.

    Andere Frage noch: weiß zufällig jemand Näheres zu dem oben verlinkten, sehr frühen C64-Emulator? Da scheint ja selbst der eigentliche Autor unbekannt zu sein, siehe Textdatei zum Emulator. Wenn man die Datei monitor.41 auf die vc1541.000 kopiert, kann man übrigens einen Assembler laden. Gibt es verbesserte Versionen dieses Emulators? C64-Emulatoren unter DOS brauchen in der Regel ja meist schnellere 386er, selbst „nur“ zum Basic-2.0-Tippen. Da wäre es natürlich nett, ein ordentlich funktionelles Programm auch für XTs und 286er zu haben. Mein ja nur :-).

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