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Die mysteriöse 16-MB-Grenze

Hier ist noch eine kleine Beweisführung zum Thema Windows 3.11, die ich schon lange mal vorführen wollte. Das hat jetzt nicht nur damit zu tun, wie ein „veraltetes“ System mit Speicher umgeht, sondern auch mal wieder damit, wie wir dort angekommen sind, wo wir heute PC-mentalitätsmäßig sind.

Es war so um das Jahr 1995 herum (nun ratet mal, warum ausgerechnet in diesem Jahr ;-)), daß PC-Zeitschriften anfingen, die Geschichte vom unzulänglichen Windows 3.11 zu erzählen, daß nur 16 MB Arbeitsspeicher verwalten kann. Sollte jemand also mehr als 16 MB Speicher im Rechner haben, oder einen Speicherkauf planen, und noch immer das „uralte“ Programm verwenden, so läge viel vom teuren Speicher einfach brach. Zum Glück hatte ein sehr guter Freund der PC-Zeitschriften gerade im Jahr 1995 ein nagelneues „32-Bit“-Betriebssystem auf den Markt gebracht, daß voll viel Speicher verwalten konnte. Also steigt um und holt es euch.

Die Legende von der 16-MB-Begrenzung in Windows 3.11 hielt sich beharrlich und selbst heutzutage nicken es noch IT-Experten aus Desinteresse als Wahrheit ab. Auch im CF wurde das Thema damals durchdiskutiert und einiges an Blech geredet („Windows 3.11 kann nur 16 MB verwalten, weil es halt ein 16-Bit-Betriebsystem ist.“) Letztlich war es aber auch dort, daß die MS-Werbestory von Experten widerlegt wurde. Es ist eigentlich erstaunlich, warum sie überhaupt geglaubt wurde, denn jeder mit mehr als 16 MB Arbeitsspeicher hätte die Geschichte problemlos selbst überprüfen können, einschließlich der Redakteure. Aber Aufrüstmagazine Marke PCgo & Co hatten gerade in den späteren 90ern wohl immer recht und jede Begründung für Aufrüsten, Umrüsten und Wegschmeißen war gerne gesehen.

Die Beweisführung ist höchst einfach, hier vorgeführt auf meinem Pentium 166 mit 64 MB Arbeitsspeicher und WfW 3.11:

Nach dem normalen Start zeigt der Rechner eine Speicherverfügbarkeit von ca. 226 MB. Das sind die physikalischen 64 MB plus virtueller Speicher mittels einer großzügig dimensionierten, temporären Auslagerung. Diese taucht als Datei win386.swp mit variabler Größe auf der Platte auf, beim Start ist sie ca. 11 MB groß. Maximal kann der virtuelle Speicher auf etwa 2 GB definiert werden, also DOS-Partitionsgröße bzw. Plattengröße bei mir.

Für eine ordentliche Beweisführung müssen wir die Auslagerung natürlich deaktivieren und neu starten. Danach sehen wir:

Das sind die physikalischen 64 MB Arbeitsspeicher abzüglich ca. 9 MB, die Windows für sich selbst belegt. Das ist eigentlich ziemlich viel, aber es läuft auch in hoher Auflösung mit Calmira XP 4.0, dickem Hintergrundbild und Erweiterungsroutinen. Ganz glücklich bin ich nicht damit, aber 9 MB sind noch halbwegs im Rahmen und ließen sich bei Bedarf auch merklich verringern. Auslagerungsdatei ist nun natürlich keine mehr auf der Festplatte, alles findet im physikalischen Arbeitsspeicher statt.

Aber was ist nun mit den 54 MB, die laut Anzeige im Speicher noch frei sind? Könnte Windows 3.11 nur 16 MB verwalten, dann müsste ja kaum mehr etwas übrig sein, und das System schnell an die Grenze stoßen. Laden wir doch einfach mal ein paar größere Bilder in den Speicher, von den Eigenschaften her in etwa wie folgt:

Nach einer Handvoll geladener Bilder (allzu viele gehen mit deaktivierter Auslagerung natürlich nicht, daher sollte diese auch aktiviert sein) sieht die Speicheranzeige so aus:

Nun sind weitere 46 MB im physikalischen Speicher mit Bilddaten belegt, ohne Auslagerung auf der Platte. Wo ist denn nun die 16-MB-Begrenzung, wegen der man unbedingt auf ein neues System hat umsteigen sollen?

P.S. Falls Beiträge dieser technischen Art zu langweilig für die Retro-Webseite sind, dann sage man mir bitte kurz Bescheid. Ich werde sie dann hier nicht reinstellen.

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