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RETRO-Lounge [92]: 25 Jahre Amiga 500 – wirklich der „letzte Volkscomputer“?

Winnie Forster schrieb für CHIP.de ein kleines Stück zum 25sten Geburtstag des Commodore Amiga 500. Insgesamt eine unterhaltsame Sache, aber drei Aspekte lassen mich doch stutzen:

1. Kann man den Amiga 500 wirklich als „letzten Volkscomputer“ bezeichnen? Diese Bezeichnung halte ich inhaltlich für so schwierig, daß jenseits des C64 eine Betitelung anderer Systeme vielleicht besser gar nicht erst versucht werden sollte. Denn erstens erscheint der Erfolg des C64 ziemlich einzigartig und zweitens wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nahezu unmöglich sein, hier eine mehrheitskompatible Definition hinzubekommen, die über den 64er hinaus anwendbar erscheint. (Bei diesem ist es letztlich ja auch „nur“ die schiere Masse an Geräten, die in nahezu unveränderter Form – und selbst das dürfte schon kein unumstrittener Punkt sein – auf den Markt kam und den Rechner deshalb entsprechend einzigartig erscheinen läßt und den Amiga selbst dann noch bei weitem übertrifft, wenn man alle (!) Amiga-Modelle zusammenfaßt, siehe hierzu bspw. das C64-Wiki) Mit dieser Begrifflichkeit generiert man vielleicht eine flotte Headline – mehr halte ich jedoch für äußerst schwierig.

2. Forster schreibt: „Bis heute ist strittig, ob das „Cracken“ von Amiga-Software (die Beseitigung des Kopierschutzes) und das dadurch mögliche massenhafte Kopieren kommerzieller Spiele das Ende der Firma Commodore einleitet, oder ob es im Gegenteil die Grundlage für den Amiga-Erfolg ist, weil dadurch die Computerei für Millionen erschwinglich wird.“ Ich bezweifle, daß das wirklich strittig ist – denn es dürfte in diesem Zusammenhang schlicht kein entscheidender Aspekt sein. Überlegungen dieser Art höre (lese) ich an dieser Stelle zum ersten Mal. Bisher war die Mehrheitsmeinung, daß gerade diese enorme Verbreitung von (gecrackter) Software Systeme wie den Amiga deutlich gepusht hat. (Und das Phänomen an sich ist nicht neu, sondern bereits auf dem C64 ein Riesenthema gewesen. Nach Forsters Logik müßte dann ja bereits der C64 zum Niedergang seines Herstellers beigetragen haben, was bekanntermaßen keineswegs der Fall war.) Ich bin bisher davon ausgegangen, daß die völlig absurde Idee von Commodore, eine eigene (sehr teure) PC-Marke um jeden Preis durchzusetzen für den Niedergang verantwortlich war, weil das Geld, welches mit dem Amiga verdient wurde, dort versenkt worden ist. Daß Raubkopien für den Niedergang eines Systems verantwortlich sind, klingt für mich eher nach Print-, Musik- oder Filmlobby als nach Amiga-Realität.

3. „Leider bleibt der Amiga 500 die letzte gute Idee von Commodore.“ Wieder so ein Satz, der mich aufhorchen läßt. War nicht der Amiga 1200 ein System, welches – wie oben bereits erwähnt – nur deshalb mit in die Tiefe gerissen wurde, weil Commodore sich zu sehr dem PC-Markt verschrieb? Details dazu aus dem englischen Wikipedia-Artikel zum A1200 bekräftigen diesen Eindruck: „Commodore had initially been working on a much improved version of the original Amiga chipset, codenamed „AAA“, but when development fell behind they rushed out the less improved AGA found on A1200″ Genau daran erinnere ich mich auch: durch den Abzug des Geldes in die PC-Sparte fehlte es in der Amiga-Abteilung an allen Ecken und Enden. Commodore hatte also keinen Mangel an guten technischen Ideen, sondern es mangelte an einer entsprechenden Strategie. Forster erwähnt dies im Übrigen im weiteren Verlauf seines Artikels selbst: „Commodore fehlen längst die Marketing- und Vertriebsmuskeln, um gegen Sega und Nintendo, IBM und Apple zu bestehen – eine Ära geht zu Ende.“

Was denkt ihr?

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