Website-Icon Retro

Flashback mit Manni und Schorle: ASM 3/2023

Meine Güte, war das eine fantastische Zeit! Die ASM war ohne Zweifel mein seinerzeitiges Zeitschriftenhighlight, es gab schlicht keine bessere Computerspielezeitschrift für mich. Ich war Anfang der 90er ein Teenager mit nahezu unstillbarem Digitalisierungsdrang und versuchte, so viel Input wie nur möglich zu erhalten. Und die Auswahl an Zeitschriften, Magazinen, etc. war deutlich geringer als man heute vielleicht so denken mag. Die ASM stach von Anfang an heraus: Es war die Crew mit ihrer Schreibweise, ihren Kommentaren, ihrem Humor, welche mich sofort in ihren Bann zog.

Und so blieb das dann auch einige Jahre, zumindest bis Manfred Kleimann ging und die Zeitschrift für mich zwar auch noch irgendwie cool, aber doch etwas weniger spannend wurde. Es lag wohl auch zugleich ein wenig an meinem Alter – Mitte der 90er wurde ich volljährig und die Interessen änderten sich -, aber es gab sie, diese wunderbare Phase, in der einfach alles stimmte und sie ist tief in meinem Gehirn abgespeichert. Ihr kennt so etwas sicherlich auch: Der eine Urlaub, in dem alles klappt, und der einem ewig in Erinnerung bleibt. Das Auto, welches aus der Masse aller jemals gefahrenen Fahrzeuge ganz besonders positiv heraussticht. Die Wohnung, die man bezieht und in der von Beginn an alles passt. Eben Erlebnisse oder Dinge, mit denen man nichts, aber auch gar nichts Negatives verbinden kann. So ein „Ding“ war für mich die ASM.

Umso erfreulicher, daß nun ein kleines Revival zu verkünden ist. Die ASM ist wieder da – zumindest als Sonderausgabe. Und die dringendste Frage ist jetzt natürlich: Was macht eigentlich Schorle, der Gnom in Strapsen? Kleiner Scherz, denn auch wenn dies der einzige Leserbrief war, der mir in meinem bisherigen Leben jemals in Erinnerung geblieben ist, so ist die Hauptfrage natürlich eine andere. Und um das Ergebnis schon mal ein wenig vorwegzunehmen: ja, die neue ASM funktioniert, man bekommt den gewünschten Retroflashback. Denn darum geht es meist bei solchen Vorhaben: Um die wiederkehrende Erinnerung an eine Zeit, die hoffentlich (!) vergleichsweise unbeschwert, lustig, unterhaltsam, lehrreich, und/oder einfach außergewöhnlich spannend war. Um eine Zeit, die (medien)historisch eine einzigartige Pionierphase war.

Es war damals eine Zeit des radikal Neuen, eine Zeit, die insbesondere in West- und später dann im jungen wiedervereinigten Deutschland durchaus vielversprechend war. Eine Zeit, die eine Generation prägte, mit Erstdigitalisierung von Kinderzimmer bis Werkhalle. Der Anfang von etwas Wunderbarem. Man darf nicht vergessen: Vor dem Durchstarten der Massendigitalisierung dürfte kaum ein westliches Land schnarchiger gewesen sein als Westdeutschland in den 80ern. Die Moderne hielt gefühlt erst seit den 70ern – gaaanz langsam – Einzug in deutsche Haushalte, die Politik wurde von Helmut Kohl sediert und der Mauerfall dürfte vielerorts eher als süß-saure Überraschung aufgefaßt worden sein. Da war Digitalisierung der Weckruf, den Deutschland dringend brauchte. (Was heute draus geworden ist – nun, darüber schweigen wir an dieser Stelle und freuen uns, daß dieser Beitrag nicht per Fax übermittelt werden mußte.)

Es war eine Zeit der Verheißung. Und Manfred Kleimann und sein Team befeuerten diese Verheißung. Sie waren cool, scharfzüngig, schräg, sie unterschieden sich qualitativ deutlich von zahlreichen anderen Magazinen und waren somit genau das, was zigtausende Computerfans brauchten und liebten. Kann die nun vorliegende „neue“ ASM daran anknüpfen? Ja und nein. Ja, denn das Lesen lohnt sich, vor allem die äußerst interessanten Interviews, die förmlich „Laßt uns über die gute alte Zeit reden“ schreien. An diesem Weckruf kommt man schon covertechnisch nicht vorbei, denn dort ist nicht nur dreimal von Helden (der 80er/damals/heute) die Rede, sondern auch gleich noch einer abgebildet. (Die entsprechende Reminiszenz dürfte klar sein, sobald man das Cover betrachtet.) Ja, denn Donald Bug ist gleich auf der ersten Seite zu finden – direkt unter, natürlich, Manni Kleimann, welcher die Begrüßung der Leserinnen und Leser vornehmen darf. Ja, denn die zahlreichen Spieletests sprechen einfach für sich. Und, ja, selbst die Werbung wirkt: Man könnte denken, daß Commodore nie das Zeitliche gesegnet hätte, so viele (neue!) Amigaprodukte werden angepriesen.

Wo bleibt jetzt das „Nein“ bei so viel „Ja“? Nun, es gibt naturgemäß einen Haken an der Sache: Die Zeiten haben sich geändert, und wir uns mit ihnen. Das ist nicht per se schlecht, sondern eher eine (insbesondere in der Retrowelt) oft artikulierte Binsenweisheit, aber man spürt es natürlich: Diese „neue“ ASM ist ein Retrorevival erster Güte, sie macht Spaß und feiert im vollen Bewußtsein ihre damalige Exzentrizität, anknüpfend an das grandiose Gestern. Aber sie ist damit eben, richtig, ein Retrorevival. Es ist, das muß man immer wieder so deutlich sagen, natürlich wahnsinnig schwierig, einen Hybriden zu erschaffen, mit der vollen Dröhnung 80er-Coolness und allem, was heute auch Spaß macht und gefragt ist, quasi moderne Konsolen, TikTok und YouTube berücksichtigend. Das war, so mein Eindruck, aber auch gar nicht das Ziel von Alexander Drews und seinem Team, deshalb ist es auch kein Vorwurf oder irgendeine Form von Gejammer ihnen gegenüber. Aber man sollte sich selbst (!) daran erinnern, daß es um das Abfeiern eines Phänomens geht, welches aus einer anderen Epoche stammt. Alexander verspricht nicht zuviel – enttäuschen kann einen da höchstens die eigene (übersteigerte) Erwartungshaltung.

Doch daran einmal anknüpfend, als Gedankenspiel für eine mögliche nächste Ausgabe: Würde die („alte“, ursprüngliche) ASM heute noch gut ankommen? Ich befürchte: Wohl kaum. Schaue ich heute im Internet auf den dort aufzufindenden Leserbrief von Schorle, so poppt als erstes die Erinnerung an den damaligen Moment des Lesens und Lachens auf, nicht jedoch eine Humorwirkung eigener Art. Vieles würde heute, wie ein Freund von mir bezüglich alter Filme immer mal wieder sagt, wohl „nicht mehr funktionieren“. Aber da es eh nicht feststeht, ob es eine zweite „neue“ ASM geben wird, kann man diese Debatte auch als rein theoretisch beschreiben, schnell abkürzen und eben sagen: Diese, hier nun auf meinem Schreibtisch liegende Neuauflage lohnt sich! Für alle, die dabei waren, für alle, die die damalige Zeit etwas besser verstehen möchten, für alle, die hinsichtlich der alten Crew auf den aktuellen Stand gebracht werden wollen. Deshalb von meiner Seite auch eine glasklare Kaufempfehlung, ohne Wenn und Aber. Gebt euch den Flashback, kauft Alex die Regale leer, belohnt und genießt diese wundervolle Idee!

Und vielleicht werden wir ja von einer weiteren Ausgabe überrascht, die sich dann allerdings mehr beweisen muß, und zwar hinsichtlich ihrer Zukunftsfähigkeit. Nach dem Ergebnis dieser ersten Neuauflage denke ich: Diese Crew kann das hinbekommen! Ich drücke aus diesem Grund maximal die Daumen und wünsche es mir, denn wie geil wären bitteschön ASM-Flashbacks in 20 oder 30 Jahren, die auf der Fortsetzung dieses grandiosen Magazins aus dem Jahre 2023 basieren?

Die mobile Version verlassen